Aufbruch in die Plattformökonomie

Automatisierung mit Cloud, KI und Big Data

Mit unserem Leitsatz für das Jahr 2022 „Aufbruch in die Plattformökonomie – Automatisierung mit Cloud, KI und Big Data“ rücken wir eines der zentralen Themen der Wirtschaft (und insbesondere der Finanzwirtschaft) in den Fokus.

Die Plattformökonomie ist kein momentaner Trend, sondern das Gegenteil ist der Fall. Wir stehen am Anfang fundamentaler Umbrüche. Die alt bekannten Wertschöpfungsketten, in denen Unternehmen die „eigenen“ Kunden fokussieren und das Eindringen von Wettbewerbern möglichst verhindern, zerfallen zunehmend. An ihre Stelle treten Wertschöpfungsnetzwerke. Banken sind durch diese Marktveränderungen gezwungen, ihre Rollenmodelle zu überdenken und sich neu zu positionieren. Sie werden sich in digitale Ökosysteme integrieren müssen, um Teil dieser Netzwerke zu werden. Damit einher geht eine stark ansteigende Komplexität hinsichtlich der Strukturen bezüglich Strategie, Governance, Kommunikation, Prozesse und vor allem der Informationstechnologie.

Die Frage, die sich Banken demnach stellen sollten, ist nicht ob, sondern wie sie sich in Plattformstrukturen positionieren. Entscheidend ist, dass Plattformökonomien für alle Geschäftsfelder einer Bank von Relevanz sind und dass digitale Plattformen zum Verschwimmen der traditionellen Unternehmens- und Branchengrenzen führen.

E-Learning Angebot
„Plattformökonomie in der Finanzwirtschaft“

Aufgezeichnete Online-Veranstaltung der Academy of Finance mit spannenden Vorträgen, Dauer 2,5 Stunden.

ModerationMarcus Scheidl (Direktor, Zahlungsverkehr & Informationstechnologie, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V., VÖB)

Referenten: Dr. Hermann Fürstenau (Abteilungsdirektor Zahlungsverkehr & Informationstechnologie, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V., VÖB), Hartmut Giesen (Business Development Manager, Max Heinr. Sutor oHG), Jörg Schober (CP Bankpartner AG) und Dr. Nico Peters (Geschäftsführer / Managing Director COMPEON GmbH).

Was haben Digitale Ökosysteme mit Digitaler Transformation zu tun?

Digitale Ökosysteme sind stark mit den Begriffen Digitalisierung und Digitale Transformation verbunden, die aktuell allgegenwärtig sind. Dabei ist Digitalisierung keine neue Herausforderung, der sich unsere Wirtschaft und Industrie momentan stellen muss. Seit den 1950er Jahren wird bereits professionell Software entwickelt und somit ist auch die Digitalisierung der Wirtschaft seit dieser Zeit in vollem Gange. Zudem werden die Begriffe Digitalisierung und Digitale Transformation oft fälschlicherweise synonym verwendet. Deshalb im Folgenden eine kleine beispielhafte Erläuterung aus der Musikindustrie.

  • Digitization: Markteinführung der CD im Jahre 1982, welche zu einer ersten großen digitalen Veränderung führte. Diesen ersten großen digitalen Veränderungsschritt nennt man "Digitization".
  • Digitalisierung: Ende der 1990er Jahre hatten die Menschen die Möglichkeit, Musikdateien von CDs auszulesen und in komprimierter Form (z. B. im MP3-Format) auf dem eigenen Computer oder tragbaren Abspielgerät zu speichern. Dadurch wurde die Bindung des digitalen Produkts Musik an den physischen Datenspeicher CD aufgelöst. In der Digitalisierung verändert Technologie Märkte und Industrien durch digitale Prozesse. 
  • Digitale Transformation: Mit der Digitalen Transformation verändert Technologie die Wirtschaft und Gesellschaft durch digitale Geschäftsmodelle. Es entsteht etwas ganz Neues, das so viel neuen Nutzen bzw. so viel neuen Wert schafft, dass es eine ganze Branche verändern kann. Die Musikbranche hat dies Anfang der 2010er Jahre mit der Verbreitung von Streaming-Diensten erlebt.
Auswirkungen auf die Wirtschaft 

Die Auswirkungen von Digitization, Digitalisierung und Digitaler Transformation auf die Wirtschaft können in zwei Dimensionen betrachtet werden (s. Abb. 1). In der ersten Dimension zielen die Auswirkungen auf Effizienzoptimierung und Kostenreduktion. In der zweiten Dimension geht es darum, durch Digitization, Digitalisierung und vor allem durch Digitale Transformation neue Werte zu schaffen und radikale Innovation zu bewirken. Dabei geht es immer um neue Werte aus der Sicht der Konsumenten, die somit einen neuen Nutzen wahrnehmen können.

Im durch beide Dimensionen aufgespannten Koordinatensystem liegen digitale Ökosysteme im Optimal-Punkt oben rechts. Digitale Ökosysteme liefern einen enormen Mehrwert für Konsumenten, den es meist in dieser Form noch nicht gab. Damit sie diesen Mehrwert aber erbringen können, müssen sie äußerst effizient arbeiten. Viele dieser digitalen Ökosysteme haben vor allem mit völlig neuen digitalen Geschäftsmodellen ihre Branche völlig verändert und somit einen signifikanten Einfluss auf die gesamte Wirtschaft. Streaming-Dienste wie Spotify haben die Musikbranche transformiert, Netflix die Filmindustrie und Airbnb z. B. das Gastgewerbe.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE)

Definition Digitales Ökosystem

Unter einem Digitalen Ökosystem versteht das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) ein sozio-technisches System. Dies bedeutet, dass ein solches Ökosystem nicht nur digitale, technische Systeme umfasst, sondern explizit Organisationen und Menschen sowie deren Beziehungen untereinander einschließt.

Kennzeichnend für ein Digitales Ökosystem ist, dass die Organisationen und Menschen (nachfolgend Teilnehmer genannt) unabhängig voneinander auf ihrem jeweiligen Markt agieren. So bieten beispielsweise Busunternehmen eigene Fahrten an, während Passagiere unter verschiedensten Mobilitätsangeboten diverser Anbieter wählen können. In einem gemeinsamen Digitalen Ökosystem agieren diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgrund wechselseitigen Nutzens, der durch die gemeinsame Zusammenarbeit im Ökosystem entsteht.

Eine Instanz, die Druck oder gar Zwang ausüben könnte, um die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Einstieg oder Verbleib im Digitalen Ökosystem zu zwingen, gibt es nicht. Passagiere, die ihre Reise planen, können sich zumeist frei entscheiden, anstatt mit einem Flixbus zu fahren ein anderes Verkehrsmittel zu wählen. Busunternehmen können, im Rahmen der geschlossenen Verträge, den Entschluss fassen, (wieder) unter eigener Regie Fahrten anzubieten anstatt unter Flixbus-Flagge unterwegs zu sein. Der Initiator des Digitalen Ökosystems, der die Bedingungen der Zusammenarbeit der Teilnehmenden definiert, kann lediglich die Rahmenbedingungen schaffen, unter denen die Teilnahme am Digitalen Ökosystem für alle attraktiv ist.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE)

Definition Plattformökonomie

Eine weitere Dimension, um Digitale Ökosysteme zu charakterisieren, ist die Frage nach dem ökonomischen Prinzip, das den jeweiligen Digitalen Ökosystemen zugrunde liegt. Plattformökonomie ist ein solches.

Digitale Ökosysteme, die der Plattformökonomie folgen, bedienen mehrseitige Märkte und es werden direkte Geschäftsbeziehungen zwischen den Ökosystem-Teilnehmern der verschiedenen Seiten hergestellt, während die zugehörigen Transaktionen über die Digitale Plattform abgewickelt werden.

Ein praktisches Beispiel: Das Digitale Ökosystem des Amazon Marketplace folgt genau diesen Prinzipien der Plattformökonomie, da zwischen Herstellern der zu verkaufenden Produkte und Kunden eine direkte Geschäftsbeziehung hergestellt wird. Im Kontrast dazu ist der Amazon Store gar kein Digitales Ökosystem, weil Amazon selbst als Anbieter der Waren auftritt und somit kein Ökosystem-Service existiert. Daran sieht man, dass von außen betrachtet kleine Unterschiede trotzdem sehr gewichtig sein können und wir umsichtig sein müssen, wenn wir auf Geschäftsmodelle schauen. In plattformökonomischen Digitalen Ökosystemen liegen die Produktionsmittel und gehandelten Assets außerhalb der Plattform. Sie werden von Dritten als Ökosystem-Teilnehmer bereitgestellt.

Ein weiteres Beispiel für ein Digitales Ökosystem, das alle Kriterien der Plattformökonomie erfüllt, ist Airbnb. Airbnb muss selbst keine Wohnung besitzen, um Reisenden Übernachtungsmöglichkeiten eines Dritten zu vermitteln, während alle Beteiligten eindeutige wirtschaftliche Interessen verfolgen.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE)

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