10.08.2020

EU-Corona-Maßnahmen für den Kapitalmarkt

Die Europäische Kommission hat einige Vorschläge für den Kapitalmarkt veröffentlicht, die zu einer Erholung von den Folgen der Corona-Krise beitragen sollen. Dem Maßnahmenpaket müssen der Europäische Rat und das EU-Parlament noch zustimmen. In die Prospekt-VO will die EU-Kommission beispielsweise zeitlich begrenzt einen kurzen EU-Wiederaufbauprospekt einführen, den Emittenten nutzen können, die seit mindestens 18 Monaten am geregelten Markt oder einem EU-Wachstumsmarkt zugelassen sind. Diesen Prospekt sollen Emittenten leicht erstellen, Anleger gut verstehen und Aufsichtsbehörden schnell genehmigen können. Außerdem ist angedacht, Prospektausnahmen vorübergehend auszuweiten. Hierauf hat auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) separat hingewiesen.

Zudem will die EU-Kommission die MiFID-II-Vorgaben zum Anlegerschutz gezielt anpassen, um den Aufwand für beaufsichtigte Institute, geeignete Gegenparteien und professionelle Kunden zu verringern. So sollen insbesondere Informationspflichten – etwa im Hinblick auf die Kostentransparenz gegenüber geeigneten Gegenparteien und professionellen Kunden – eingeschränkt werden. Zudem schlägt die Kommission vor, die delegierte Richtlinie zur MiFID II zu ändern, um für kleine und mittelgroße Emittenten sowie für den Bereich Anleihen mehr Finanzanalysen verfügbar zu machen.
Auch die Vorgaben für Warenderivate sollen sich ändern. Das Maßnahmenpaket sieht insbesondere Ausnahmen für Positionslimits bei neu gelisteten Derivatekontrakten vor, um deren weitere Entwicklung im Wege des Aufbaus von Liquidität nicht zu beeinträchtigen.

Im Hinblick auf Verbriefungen schlägt die EU-Kommission vor, einen spezifischen Aufsichtsrahmen auch für einfache, transparente und standardisierte synthetische Verbriefungen zu schaffen, der auf Bilanzverbriefungen beschränkt ist (synthetische STS-Verbriefungen). Für synthetische STS-Verbriefungen könnten sich somit risikoorientierte Erleichterungen ergeben, wie sie auch schon für traditionelle STS-Verbriefungen gelten. Darüber hinaus schlägt die EU-Kommission vor, regulatorische Hindernisse für die Verbriefung notleidender Risikopositionen zu verringern.

Die True Sale International GmbH (TSI), zentrale Interessensvertretung für die Verbriefungsbranche in Deutschland, begrüßte die Maßnahmen, dass die STS-Regeln zukünftig auch für synthetische Verbriefungen Anwendung finden sollen und die Möglichkeit zur Verbriefung von notleidenden Krediten verbessert wird. Beide Anwendungsbereiche seien für Banken und für die Realwirtschaft gerade mit Blick auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie von großer Bedeutung, hieß es in einer Mitteilung.

Die für True Sale-Verbriefungen geltenden STS-Kriterien würden auf synthetische Balance Sheet-Verbriefungen stringent übertragen. Dieser Art von Verbriefungen, bei denen Banken einen Teil der Kreditausfallrisiken aus ihrem Kerngeschäft auf Nicht-Bankinvestoren übertragen, komme gerade in der aktuellen Rezession mit potenziell steigenden Kreditausfällen eine wichtige Bedeutung im Rahmen der Kapitalsteuerung von Banken zu, teilte die TSI mit.

Mit den Vorschlägen der EU-Kommission befassen sich nun das Europäische Parlament und der Europäische Ministerrat. Eine Verabschiedung soll noch bis zum Jahresende 2020 erreicht werden.

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Dr. Stefan Hirschmann
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